Zuerst eine Warnung! . . Spur G Weichen selber herzustellen, nur aus Messing Schienenprofilen, ist eine aufwendige und teilweise recht mühselige Sache. Ich habe damals vor rund zwölf Jahren tagelang, nein . . wochenlang am Schraubstock und auf dem Basteltisch an den Profilen herumgefeilt. Manchmal bin ich fast verzweifelt. Jedesmal, wenn ich voller Stolz mit den vermeintlich fertigen Schienenstücken für eine Weiche bei meinem Lehrmeister, dem verstorbenen Kameraden Christian Casal von Schiers, eingetrudelt bin, die Entäuschung: hier noch zu wenig gefeilt, da passt es noch nicht 100prozentig, usw.
Dann kommen wir mal zur Grundsatzfrage, wieso man sich einen Selbstbau von Weichen überhaupt antut? Es gibt doch im Handel einige Typen und Arten von Weichen und Gleiskreuzen. Da wäre doch Selbstbau gar nicht nötig? Die Antwort würde ich mal so formulieren: beim Aufbau einer Anlage mit gewissen Ansprüchen an die Gleisführung, wird man bei «Gleis-Strassen» in einem Bahnhofbereich mit gekauften Weichen schnell an Grenzen stossen. Dies natürlich hauptsächlich in Innenanlagen mit vielleicht beengten Platzverhältnissen. Mit einem Selbstbau ist dagegen eigentlich die komplizierteste Gleisführung möglich. Siehe die zwei nächsten Übersichtsbilder:
Der Aufbau einer Weiche, Schritt für Schritt, wie ich es gemacht habe:
Schritt 1:
Zuerst eine Grundplatte aus 6 mm Pressschichtholz auf die ungefähre Weichen-Form zurecht schneiden, damit die Weiche unabhängig vom Modul montiert werden kann. Meine Überlegung dazu war: sollte ich die Weiche mal andersweitig brauchen, könnte ich sie so einfach ausbauen und vom Modul entfernen. Anschliessend den genauen Schienenverlauf auf dem Brett aufzeichen. Nun werden die Holzschwellen auf die verschiedenen Längen zugeschnitten. Ich verwende 9 x 9 mm Schwellenprofil aus Lärchenholz. Lärchenholz hat den Vorteil, dass es härter als Fichtenholz ist und kaum spaltet. Jedoch nicht so hart wie zB. Buchenholz. (Die Schienennägel sollten ja noch ohne Murks eingeschlagen werden können). Ich behandle die Schwellen vor dem Anleimen auf dem Brett, mit dunkler Lasur.
Schritt 2:
Sind die Schwellen alle aufgeleimt, werden die Messingschienen-Teilstücke zugeschnitten und dem Gleisverlauf nach, gebogen. Das Biegen der Schienen ist sehr heikel. Ich habe mir aus Holz so etwas wie eine Biegelehre gemacht und die Schienen darüber gebogen. Man muss manchmal mehrmals nachdrücken, bis die genaue Form stimmt. Dann wird das Herzstück aus einer ca. 4 mm starken Messingplatte ausgeschnitten. Es muss sowas wie ein Ypsilon entstehen.
Schritt 3:
Nun beginnt die Schleiferei. Zuerst mit einer groben Feile oder mit der Schleifmaschine. Anschliessend mit feineren Feilen und Schleifpapier. Vorallem die Zungen geben wahnsinnig viel Arbeit. Da muss ja das Schienenprofil gegen das Ende der Zunge hin, praktisch zu einer messerscharfen, hochstehenden Platte zugeschliffen werden. Dort wo die Zunge dann an die Schiene anzuliegen kommt. Am Drehpunkt der Zungen habe ich eine harte Buchenleiste statt einer Schwelle aufgeklebt. In diese Leiste wird eine Bohrung links und rechts gemacht. In diese Bohrungen kommt dann der Drehzapfen der Zungen. Dafür habe ich ein M3 Gewindestängeli und eine, an die Zunge angelötete Schraubenmutter verwendet. Nicht zu vergessen die Stromleitungen von der Zunge zur Schiene: Messingdraht, mit M2 Schrauben befestigt. (Die Drähte nach der Montage der Zungen anzulöten ist kaum möglich). Nicht vergessen, die 1 mm Löcher vorne an der Innenseite der Zungen zu bohren. Bei der einen Zunge zwei, da dann dort später von unten der Draht für die Schaltung der Weiche eingesteckt wird. Die anderen Löcher in diesem Bereich der Zunge dienen dem Anbringen des Verbindungsstängeli, damit die Zungen sich auch schön parallel bewegen. Von Gerade zur Ablenkung.
Schritt 4:
Sind alle Teile endlich passend und bereit, beginnt die Montage. Grundsätzlich sind zur Verlegung von Messingschienen, Distanzlehren vonnöten. Ohne solche Lehren geht nichts. Ich habe insgesamt fünf Stück solcher Messingbalken mit zwei eingefrästen Nuten herstellen lassen. Aufgrund der Genauigkeit der Nuten sollte sowas auf einer Fräsmaschine gemacht werden. Auf dem nächsten Bild sind vier solcher Lehren ersichtlich, zusammen mit dem Werkzeug, dass für die sorgfältige Verlegung von Selbstbaugleisen und Weichen notwendig ist.
Zuerst habe ich bei den Weichen die einzelnen Schienenstücke, die Radführungen und das Herzstück mit wenig Leim auf den Schwellen fixiert. Dann beginnt man am einen Ende der Weiche, mit Hilfe der Distanzlehren, die Schienen anzunageln. Ich bohre mit der Dremel jede Schwelle vor (vier Löcher pro Schwelle). In jedes Loch stecke ich mit der Spitzzange einen Schienennagel. Ich habe mir einen Durchschlag vorne konisch angeschliffen, sodass gerade noch eine genügend grosse Fläche vorhanden ist, mit der ich die Nägel bei Weichen auch an schmalen Stellen, wie zwischen den Schienen und den Radführungen, einschlagen kann. Man muss unbedingt ca. alle 10 cm eine Messing-Distanzlehre auf die Schienen stecken, damit die Spurweite genau eingehalten werden kann. Um die Weiche zu polarisieren, muss hinter der Weichenwurzel die innere Schiene pro abgehendem Gleis isoliert werden.
Schritt 5:
Anbringen der Zungen und anschliessen an eine Schaltung: die Zungen in die Bohrungen stecken und mit den Drähtchen verbinden. Anschliessend die Stromzufuhr an des Herzstück und an sämtliche Schienenstücke anschliessen. Mein Kamerad, Christian Casal hat mir für alle vier Weichen dieser Weichenstrasse eine Schaltung pro Weiche auf einem Brettchen konstruiert. Mit Switch-Schaltern und einer mechanischen, gefederten Gestänge-Schaltung. Mit einem Federdraht-Gestänge kann ich über Umlenkungen von der Modulfront aus, jede Weiche separat schalten. Ich muss gestehen, dass ich so eine Schaltung nicht hingekriegt hätte. Inzwischen habe ich zwei der Weichen in dieser Weichenstrasse mit einem elektrischen Unterflurantrieb, made in USA, namens Tortoise versehen. Dieser Weichenantrieb ist absolut empfehlenswert. Die Polarisierung der Weichen wird über den Antrieb automatisch erledigt. Nur Kabel anhängen und fertig. Im linken Bild ist die «Casal» Schaltung zu sehen, im rechten der Tortoise-Antrieb.
Bevor ich zum Abschluss komme, noch einige Bemerkungen zur Stromführung, bzw. dem Umpolen im Weichenbereich und den «Kniffen» im Bereich der Kreuzung. Wie Ihr bestimmt auf den Bildern entdeckt habt, wird bei meinen Weichen der gesamte innere Schienenverlauf inkl. dem Messingherzstück, bei Schaltung von Gerade zu Ablenkung, umgepolt. Also wohlverstanden nicht nur das Herzstück. Das bietet den Vorteil, dass es so unmöglich zu kurzen Stromunterbrüchen beim Befahren der Weichen kommen kann. Auch nicht bei Betrieb von Lok’s mit den unsäglichen Schleifern. Ich habe die elektrische Trennung bis zu 40 cm auf das Gleis vor die Weichenwurzel gelegt. Mit dieser Schaltung dürfte ja jedem Leser klar sein, dass ein Aufschneiden dieser Weichen gar nicht möglich ist. Der Kurzschluss verhindert das eben rund 30 cm vor der Weiche.
Auf dem Bild mit der Kreuzung könnt Ihr erkennen, dass hier insgesamt vier «Herzstücke» verbaut sind. Beachtet: die in der Mitte sind aus Messing und die Äusseren zwei aus . . Holz! Holz leitet nicht. Alles klar? Jetzt kommen natürlich die Kritiker mit der Anmerkung, da könnten ja Stromunterbrüche entstehen. Korrekt. Ist aber bei meinen Lok’s noch nie vorgekommen. (Habe ja keine Mini-Rangierlöckeli). Die Diskussion im Forum kann gestartet werden . . . . .
Zum Abschluss nun noch meine Meinung zu den Weichenschaltungen und der Polarisierung. Wie bereits oben erwähnt, habe ich die Stromunterbrüche (Isolationsgleisverbinder) im Gleis, jeweils ca. 20 bis 40 cm vor der Weichenwurzel angebracht. Ist nun eine Weiche falsch gestellt, gibt es sofort einen Kurzschluss, wenn eine Lok in den Weichenbereich einfährt. Um das zu vermeiden, kontrolliere ich vor jeder Durchfahrt durch die Weichenstrasse, konsequent sämtliche Weichenstellungen. Da ich dazu sowieso an dieser Stelle der Innenanlage bin, ist es sehr patent, wenn die Hand-Schaltung im jeweiligen Weichenbereich an der Stirnseite des Moduls angebracht ist. Ich bin ein Gegner von zentralen Weichensteuerungen. Sei es auf einem Panel irgendwo auf der Anlage oder eine Schaltung von der Zugsteuerung aus. In Zeiten der Digitalisierung könnte man ja jede Weiche, zB. vom Funkhandy aus schalten. Aber erstens, mit wenig Übung vergisst man schnell mal die Tastenkombinationen und muss jedesmal auf einer Checkliste nachsehen. Und zweitens muss man für kurze Zeit den Fahrmodus verlassen. Dies birgt meiner Meinung nach Risiken für einen Crash, einen Kurzschluss oder eine Entgleisung.