The Plaster City Narrow Gauge Railroad of the US Gypsum Company
Die Vereinigten Staaten von Amerika sind nicht unbedingt für ihre schmalspurigen Industriebahnen bekannt, doch es gibt sie noch: USG Corporation betreibt nördlich von Plaster City nahe El Centro im Imperial Valley in Südostkalifornien eine Gips Mine (95% reiner Gips) und fährt mehrere Male täglich das gewonnene Material mit Ganzzügen auf einer ganz prosaisch als USG bezeichneten Schmalspurbahn mit 3’ (914 mm) Spurweite zum Werk in Plaster City ab.
Die etwa 27 Meilen (43 km) lange Strecke stellt bei einer maximalen Steigung von 2.8 % und nahezu ohne Kurven, abgesehen vom Wüstencharakter und eventuellen Sandverwehungen, keine eisenbahntechnischen Herausforderungen. Die Ganz Züge mit bis zu 25 vierachsigen Wagen können so ohne weiteres 30 Meilen pro Stunde (= 48 km/h) erreichen.
Langer Gibszug auf einer Holz Trestle Brücke welche ein typisches Flussbett darstellt welches von trocken bis bei Gewitter kurzfristig viel Wasser führen kann, Allfällige Ufererosionen werden sofern notwendig mit auffüllen von Rohboden korrigiert. Hier kurz nach dem Durchzug einer Gewitterfront. (B.S.)
US Gypsum stellt in Plaster City vor allem „Sheet Rock Cardboard“, also Gipskartonplatten, her, die auf Spezialwagen, die in ähnlicher Form auch für den Schnittholztransport Verwendung finden, über eine Nebenlinie der Union Pacific Railroad (El Centro branch), die in Plaster City endet, nach ganz Amerika verschickt werden. Diese Linie war früher Teil der San Diego & Arizona Eastern Railroad, die eine Strecke von San Diego über San Ysidro, das mexikanische Tecate (ja, hier kommt das entsprechende Bier her, der Bahnhof liegt inzwischen auf dem Werksgelände; nein, wir waren nicht dort), Plaster City und zwischen Mexicali und Algodones nochmals über mexikanisches Gebiet führend weiter nach Yuma in Arizona betrieb, wo Anschluss an das Transkontinentale Netz bestand. Der Abschnitt zwischen dem Grenzübergang nach Tecate und Plaster City wird heute angeblich von der Carrizo Gorge Railway auch als Museumsbahn betrieben; beim Besuch des Bahnhofs in Jacumba, CA im Juli 2010 waren zwar Fahrzeuge zu sehen, aber kein Hinweis auf einen eventuellen Betrieb zu finden.
Zwischen 1921 und 1922 wurden Mine, Zufuhrbahn und Gipswerk in Plaster City (damals Dunaway City) von der Imperial Valley Gypsum & Oil Corporation errichtet. 1924 wurde sie an die Pacific Portland Cement Company verkauft, und 1946 übernahm schließlich United States Gypsum und erweiterte und erneuerte die Anlagen weitestgehend. Dabei wurden auch die letzten Dampflokomotiven (1’C 12, Porter 2123, 4/1900, ex Arizona & New Mexico 12; 1’D 8, Baldwin 4938, 1/1880, ex NCNG 8, ex D&RGW C-16 283) durch eine 350 PS B’B’-Diesellokomotive (Whitcomb 60072, 1941, ex US Navy 3, Waffenlager Oahu, Hawaii) und eine neue 660 PS C’C’-Diesellokomotive (1203, Porter 8096, 1/1947) ersetzt, zu der sich in den fünfziger Jahren noch die beiden GE-Maschinen 1303 (32658, 7/1956) und 1403 (32657, 7/1956) gesellten. Zwischen 1947 und 1952 wurden beim Ausfall der Porter von der Southern Pacific Narrow Gauge im Owens Valley die 2’C-Maschinen 8 und 9 leihweise eingesetzt, dies waren aber auch die letzten Dampflok-Gütereinsätze auf der Strecke.
Als Triebfahrzeuge stehen heute zwei sechsachsige Lokomotiven mit jeweils 1200 PS und den Betriebsnummern 111 und 112 zur Verfügung, die von Bombardier im Jahr 1982 für die White Pass & Yukon Railway gebaut, aber aufgrund der Einstellung des Güterverkehrs nicht abgenommen wurden. US Gypsum beschaffte sie in den Jahren 1991 (112, Bombardier 6123-02, 7/1982) und 1993 (111, Bombardier 6123-01, 7/1982, als Ersatz für die Ende 1992 in die Verladeanlage an der Mine gefahrene und dabei zerstörte 113, Bombardier 6123-03, 7/1982). Die Lokomotiven besitzen sogar noch die für die White Pass & Yukon angebrachten Schneepflüge auf der Führerstandsseite; ob sie auch hier für (Sand-)Verwehungen benötigt werden?
Die schwache Whitcomb-Maschine ging bereits 1956 an die Canadian Gypsum Company, die Porter-Maschine wurde 1980 an die Huckleberry Railroad in Michigan verkauft und sollte ihre Zukunft bei der Sumpter Valley Railroad in Oregon haben. Dort wurde die Porter komplett überholt und an die Georgetown Loop Railroad weiterverkauft, welche damit 1992 die an die GLRR gelieferten GE’s durch den Konkurs des alten Betreibers ersetzten. Letztere wurden an das Colorado-Railroad-Museum in Golden übergeben.
Das Rollmaterial aus der Anfangszeit ist schon lange verschwunden. Die ersten 15 Ganzstahl-Selbstentladewagen aus dem Jahr 1946 stammen von Austin-Western in Aurora/Illinois, fünf weitere wurden 1957 bei der Baldwin-Lima-Hamilton Corp. beschafft. Die moderne Variante der Selbstentladewagens wurde 1999 mit der Lieferung von 5 Fahrzeugen (21-25) sowie weiterer 17 Fahrzeuge (26-37) eingeführt. Alle Fahrzeuge wurden von Triniti Rail Cars in Texas hergestellt. Stand 2010 waren noch 34 Fahrzeuge im Einsatz. Des Weiteren ist ein Wasserwagen (7.500 Gal.), der ursprünglich auf dem Rahmen eines Schüttwagens der Erstausrüstung von Koppel Industrial Car & Equipment Company aufgebaut wurde, sowie ein Flachwagen für den Transport von Autos sowie Rettungsfahrzeuge vorhanden. Eine Motordraisine und eine Schmalspur-Gleis-Bearbeitungsmaschine runden den Fahrzeugpark ab.
Die Ausstattung der USG Railroad ist ebenfalls eher spartanisch: an der Mine finden sich neben einem Umfahrgleis lediglich einige wenige Abstellgleise, entlang der Strecke findet sich lediglich eine einzige Weiche, die zu einem Steinbruch führt, in dem der Schotter für die Strecke gewonnen wird. Das Gipswerk in Plaster City wirkt aus der Ferne wie eine kleine Stadt; die letzten Werkswohnungen wurden allerdings im Jahre 1988 abgerissen, so dass außer dem auf beiden Seiten der Straße befindlichen Werk mit seinen umfangreichen Anlagen keine weiteren Gebäude mehr existieren. Die Stecke der Schmalspurbahn erreicht das Werk von Norden; auch hier sind die Gleisanlagen nicht allzu umfangreich. Neben einem Umfahrgleis und einem Gleisdreieck befinden auf der offen zugänglichen Nordseite von Plaster City noch die Entladeanlage, das per Förderband angeschlossene Rohstofflager sowie einige weitere Abstellgleise. Nach Überquerung der Straße erreicht die Schmalspurbahn das eingezäunte Werksgelände; hier befinden sich noch Lokschuppen und Werkstatt; umfangreiche dreischienige Gleisanlagen existieren nicht.
Die Strecke wurde vor einigen Jahren modernisiert, insofern unterscheidet sie sich stark von den meisten schmalspurigen Museumsbahnen: das Gleis ist geschottert und gerichtet; die Schienen liegen auf Schienenplatten auf eher neuen Schwellen, und das Profil ist mit einem Gewicht von 90 lb/yd (ca. 45 kg/m) für eine Schmalspurbahn recht schwer.
Der Betrieb selbst ist wenig spektakulär. Das Gipsvorkommen ist sehr rein und einfach zugänglich. Der Gips wird oberirdisch abgebaut, mittels Lastwagen zu einem Brecher transportiert und nach dem Zerkleinern auf eine Größe von etwa 10 cm in einem Silo gelagert. Der erste Zug verlässt Plaster City gegen 7 Uhr morgens. Nach einer knappen Stunde Fahrt wird die Mine erreicht, die Führerstand Richtung Plaster City fahrende Lokomotive setzt ans Ende des Zugs, um die Selbstentladewagen in die Verladeanlage zu schieben. Falls ein Wasserwagen mitgeführt wird, wird dieser natürlich zuerst ausgesetzt. Vier bis sechs Wagen können nun gleichzeitig mit Gestein beladen werden; der erste Wagen vor der Lok bleibt jedoch leer, seit 1992 Lok 113 bei einem Unfall in der Verladeanlage zerstört wurde.
Nach dem Ende des Beladevorgangs, also etwa nach 30 Minuten, erfolgt die sofortige Rückfahrt. In Plaster City angekommen, zieht die Lok den Zug durch die Entladeanlage, in der die Selbstentladewagen einzelnen geleert werden. Das Gestein wird dann mit einem Förderband in ein Silo transportiert und dann über weitere Förderbänder unter der Straße hindurch zur weiteren Verarbeitung ins Werk geschafft. Die Lok wiederum schiebt den Zug ins Umfahrgleis zurück und das Spiel beginnt von vorn. Erst nach der letzten Zugfahrt am Abend wird wieder die Straße überquert und die Lok im Schuppen abgestellt.
Für den täglichen Betrieb reicht eine Maschine aus, so dass keine Signalanlagen benötigt werden; die Lokomotiven sind jedoch mit Funk ausgerüstet und die Personale sind dauerhaft mit der Werksleitung in Kontakt. Da zwei Maschinen vorhanden sind, können Unterhaltungs- und Wartungsarbeiten normalerweise bequem tagsüber durchgeführt werden.
Obwohl die US Gypsum Railway als letzte rein kommerzielle Schmalspurbahn mit Güterverkehr in den Vereinigten Staaten immer noch im Betrieb ist, existieren vergleichsweise wenig Berichte.
Abbildungen:
- Abb. 1: Bombardier 113 überquert auf dieser Aufnahme von Alan Miller die Brücke des Carrizzo Wash am 27. März 1991, Sammlung Burkhardt Börries.
- Abb.: 2 Plan der USG
- Abb.: 3 Die USG Railroad und ihre Vorgänger besaßen insgesamt vier Dampflokomotiven, darunter die Porter-Lokomotive 12 (1’C, Porter 2123, 4/1900), Sammlung Börries Burkhardt.
- Abb.: 4 Whitcomb 40 (B’B’, 300 PS, Whitcomb 60072, 5/1941) steht am 28. Dezember 1947 in Plaster City. Aufgenommen von C.W. Witbeck, Original Negativ Sammlung Börries Burkhardt.
- Abb. 5: Porter 1203 am 28. März 1973 (C’C’, 660 PS, Porter 8096, 1/1946), Sammlung Börries Burkhardt.
- Abb. 6: Porter 1203 mit Ganz Zug an der Verladeanlage, Sammlung Börries Burkhardt.
- Abb. 7: GE 1403 in alter Beschriftungsvariante am 23. April 1972 in Plaster City. Original Dia von T.H. Chenoweth, Sammlung Boerries Burkhardt.
- Abb. 8: Die zerstörte Bombardier 113 vor dem Lokschuppen (hinten 112 und Bahndienstfahrzeug), Börries Burkhardt.
Literatur:
Das 2009 erschienene Buch „White Gold Railway – Plaster City Narrow Gauge“ von Charles M. O’Herin ist das erste Werk, das sich ausschließlich diesem Betrieb widmet; eine mit 22 Seiten ebenfalls recht umfangreiche Abhandlung findet sich in „Narrow Gauge Nostalgia“ von G. Turner (Trans Anglo Books, 1965; Neuauflage 2001 durch OSO Publishing (ISBN 978-1931064026) als „California High Country Narrow Gauge Railroads“ und ein vierseitiges Kapitel in „American Narrow Gauge“ von J. Krause und D. Duke (Golden West Books, 1978). Im Zeitschriftenbereich finden sich ebenfalls nur wenige Artikel: Pacific News 8/1970, S. 3-8, 9/1979, S. 9-10; Railfan & Railroad 7/1991, S. 54-63; LGB Telegram Vol 10 No 4 Winter 1999, S. 18-25; Model Railroader 4-1976 S. 48-57,78; Stump Dodger, 11-12/2003 S. 9-10, 3-4/2004 S. 3,7; TRAINS 10/2009, S. 37-41.
Bis auf eine Zeichnung des Whitcomb Diesel 40 (Narrow Gauge & Short Line Gazette 3-4/ 1990, S. 53) sind in der Literatur keine weiteren Zeichnungen bekannt.
Webseite: http://www.whitepassfan.net/usg/
Verfasser: Peter Höhn
Teil 2 Folgt